Impressionen von der Studienfahrt nach Buchenwald vom 13|06 - 17|06|2016
Tag 1 | 13|06|16 Erste Begegnungen
So, nun ging es für mich zum zweiten Mal in die schöne Stadt Weimar, aber nicht um mir die Stadt anzuschauen, sondern für den Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald. Ich kannte
diesen Ort des Terrors schon aus dem Jahr 2013. Vor der Fahrt hatte ich keine besonderen Fragen, doch mit der Ankunft stellte ich mir wieder die eine Frage: "Warum?". Nachdem ich meinen zwei
Freunden Fabian und Rouven eine kleine Führung gegeben hatte, erinnerte ich mich an meine Gedanken, die ich hier schon einmal hatte. Eigentlich dachte ich, dass ich schon einigermaßen immun gegen
die schrecklichen Geschichten bin, doch das bin ich nicht. In Krematorium kam dann alles wieder hoch, vor allem der beißende Geruch der Asche, die nach über 70 Jahren immer noch in der Luft lag.
Diesen Ort des Terrors sollte man nicht einfach in Vergessenheit bringen, man soll - beziehungsweise muss - dagegen ankämpfen, dass sowas Schlimmes nicht noch einmal passiert.
Florian Braun, 17 Jahre
Am ersten Tag hat mich am meisten bewegt, dass wir uns das Krematorium angesehen haben. In einem Raum zu stehen, wo so viele Menschen verbrannt worden sind, ist ein echt komisches Gefühl. Am schockierendsten fand ich, dass es dort einen Keller gab, wo 1100 Menschen erhängt wurden.
Wir waren heute auch in dem umgebauten Pferdestall. Dort wurden russische Gefangene hingebracht mit der Ausrede, dass sie dort einen ärztlichen Test unterzogen werden. Es gab dort einen Raum, aus
dem man Musik hörte und die Gefangenen mussten durch mehrere Schallschutztüren gehen. Es hat mich sehr mitgenommen, dass dann keine Tests gemacht wurden, sondern beim Messen der Körpergröße hat
einer von der SS Klopfzeichen gegeben und ein weiterer SS Mann erschoss den Häftling durch einen Genickschuss.
Katharina, 15 Jahre
Jedes Jahr fährt die Heinrich-Böll in ein ehemaliges Konzentrationslager, um den Schülern die Hintergründe des Konzentrationslagers näher zu bringen. Heute um 6:30 Uhr sind wir von der Schule mit
dem Reisebus losgefahren, um das ehemalige KZ Buchenwald zu besuchen. Wir kamen um 11:45 Uhr an - dann gab es erst mal Mittagessen, anschließend wurden die Zimmer bezogen. Zuerst haben wir uns in
dem Konferenzraum getroffen, um die ersten Informationen zu erhalten und die Hintergründe des ehemaligen KZ zu besprechen. Am Nachmittag im Regen haben wir eine kleine Führung durch das KZ
Buchenwald gemacht. Wir haben das Krematorium besucht - und dies hat mich am meisten bewegt. Man kann nicht glauben, was dort wirklich passiert ist, dass dort so viele Menschen unter Qualen
ermordet worden sind. Man sieht die Orte des Schreckens und bekommt einen Einblick und ein Gefühl, was die Häftlinge dort erlebt haben müssen. Es ist ein großer Unterschied, ob man dieses
Geschehen in Büchern liest oder ob man es hautnah miterlebt beziehungsweise mal dort gewesen ist.
Mandy Hill, 15 Jahre
Am meisten mitgenommen hat mich die Genickschussanlage im früheren Pferdestall, da die Häftlinge dort alleine durch einen langen Gang gehen mussten. Die anderen Häftlinge waren in einem anderen
Raum. Nebenan war ein Raum mit Musik, damit man nicht hörte, wenn ein Häftling erschossen oder geschrien hat. Dort wurden russische Kriegsgefangene umgebracht. Als Befürchtung habe ich,
dass wir erstens zu viele Informationen bekommen und zweitens sie nicht so schnell verarbeiten können.
Laura Schilling, 16 Jahre
Am meisten berührt hat mich, dass vor dem Verbrennungsöfen Blumen lagen. Dies symbolisiert die Trauer, die bis heute noch tief in den Herzen und Köpfen der Menschen verankert ist.
Manjolla Gashi, 15 Jahre
Heute am ersten Tag fand ich die Fahrt nach Weimar richtig lustig und man konnte sich mit neuen Menschen anfreunden. Als wir hier in Buchenwald angekommen sind, war ich erstmals überrascht, wie groß die alten SS-Gebäude waren.
Später sind wir zum Krematorium gegangen und zum nachgebauten Pferdestall. Als wir dort drinnen waren, hatte ich ein unwohles Gefühl. Der Geruch war extrem ekelhaft. Man kann sich schlecht vorstellen, dass dort früher sehr viele Menschen erschossen und verbrannt worden sind. Es ist trotzdem eine gute Erfahrung, sowas mal gesehen zu haben.
Im nachgebauten Pferdestall war es von den SS Soldaten sehr schlau gemacht, wie sie es angestellt haben, die Gefangenen zu täuschen, bevor sie sie erschossen haben.
So eine Erfahrung, so etwas gesehen zu haben, werde ich nicht so schnell vergessen.
Denise Brinkmann, 15 Jahre
Heute haben wir schon für mich etwas sehr Bedeutendes gesehen. Zuerst waren wir in den Arrestzellen und dann im Krematorium. Die Verbrennungsöfen waren für mich sehr schlimm. Es gab Sachen, die
noch original von früher sind. Außerdem war man einfach in den Räumen, wo die Leute umgebracht oder verbrannt worden sind. Für mich war es ein sehr erschreckendes Gefühl, in den Räumen zu stehen,
wo so viele Leute umgebracht wurden. Ich habe immer daran gedacht was wäre, wenn dort auch jemand aus meiner Familie gestorben wäre und ich dies in den nächsten Tagen bei den ganzen Exkursionen
herausfinde. Man hat zwar früher schon viel über Konzentrationslager und auch Buchenwald erfahren, aber wenn man dort ist, kann man das alles noch viel besser verstehen und sich vorstellen. Ich
kann mich jetzt viel mehr in die Leute hineinversetzen. Auch das wir in den ehemaligen SS-Kasernen wohnen, finde ich seltsam und bedrückend. Diese Leute waren es, die die Menschen festgehalten
und ermordet haben - und wir schlafen jetzt in diesen Häusern. Auch wenn die Geschehnisse sehr lange vorbei und die ehemaligen Kasernen heute eine Jugendbegegnungsstätte sind, ist es für mich
immer noch ein sehr seltsames Gefühl, dass alles live zu sehen und nicht nur auf Bildern. Diese Erfahrung, die wir bis jetzt hier schon gemacht haben, werde ich nie wieder vergessen.
Julia Häfner, 17 Jahre
Ich fand den ersten Tag in Buchenwald sehr interessant, aber auch sehr erschreckend.
Ich habe nach der Ankunft die „scheinheilige“ Gegend erkundet und fand mich in einer netten friedlichen Umgebung wieder.
Erstaunlich waren für mich die Bilder und Reportagen vom KZ Buchenwald, die in den Gängen der Jugendbildungsstätte hingen. Gruselig wurde es aber erst hinter dem berühmten Tor vom ehemaligen KZ. Ich habe den ersten Teil der Führung mit großem Interesse verfolgt, jedoch am Krematorium habe ich es nicht mehr ausgehalten. Die Tatsache, die ich sonst so nur von „harmlosen“ Bildern kenne, bewahrheiteten sich beim Eintritt in das Krematorium. Aus Angst und Unwohlsein verließ ich das Krematorium frühzeitig. Auch das Modell des ehemaligen Lagers fasziniert mich sehr, vor allem die Gliederung und Organisation der Anlage sind bemerkenswert.
Im Großen und Ganzen habe ich hier einen schönen ersten Tag erlebt. Ich freue mich auf den morgigen Tag.
Nick Deutscher, 16 Jahre
Am 13.7.2016 um 6:30 Uhr ging es nach Buchenwald. Nach 5 Stunden Fahrt kamen wir im ehemaligen KZ Buchenwald an.
Es kamen für mich die ersten Gefühle wieder hoch, die ich in Ausschwitz gehabt habe, nämlich Wut und Trauer zugleich. Wut aus dem Grunde, weil so viele unschuldige Menschen sterben mussten
und Trauer, weil mir die Menschen Leid tun, die ihre Angehörigen verloren haben. Als wir durch das Eingangstor gegangen sind und ich das Krematorium gesehen habe, kamen mir Fragen in den
Kopf, wie z.B. „Warum? Wieso?“ Ich ging über das KZ Gelände mit Schweigen, es war einfach so still, dass man jeden Vogel zwitschern hörte. Ich bin gespannt auf die nächsten Tage…Ich
hoffe, wir haben besseres Wetter als heute.
Ynaara Emminghaus, 16 Jahre
Der erste historische Einblick, der mir direkt einen Film im Kopf abspielen ließ, war der, als ich vor dem Wachtor stand. Szenen aus Filmen wurden zum Leben erweckt. Was mich persönlich
sehr zum Nachdenken erregte war die Situation, als wir in den Arrestbauten waren. Die Zellen waren erschreckend klein - man muss sich vorstellen, wie ganz viele Menschen auf engen Raum
eingesperrt wurden, unter unmenschlichen Bedingungen. Sehr schlimm fand ich vor allem, dass man sich die Toiletten teilen musste. Dies empfinde ich als sehr erniedrigend, da dies ein sehr intimer
Akt ist. Die Zäune, die um das ganze Gebiet aufgestellt wurden, hatten ein sehr starkes Bild ausgedrückt: Dass die Menschen dort wie Tiere zusammen gehalten worden sind. Sehr verachtend war, dass
der Zaun aus Stacheldraht bestand. Sehr emotional bin ich geworden, als wir die Vernichtungsöfen sahen. Mir liefen wieder und wieder Abschnitte aus Filmen durch den Kopf, die mich erschauern
ließen, da dieser Ort bestätigt, dass die zahlreichen Filme Realität sind. Alles ist wirklich passiert. Am schlimmsten war es im Keller: Die steile Holzrutsche half mir vorzustellen, wie
Leichen runterrutschten und übereinander geschichtet wurden. Ich hatte einen Kloß im Hals, als ich den Aufzug sah. Sich vorzustellen, dass die Leichen dort hochgezogen worden sind wie Waren war
für mich eine sehr menschenverachtende Vorstellung.
Suzan Eda Aras,15 Jahre
Am meisten hat mich das Krematorium und die Genickschussanlage bewegt. Mich hat es beängstigt, was Menschen alles tun, um einen Tod zu verheimlichen oder um eine Rasse auszulöschen. Es hat mich
sozusagen zerrissen, als ich das Krematorium gesehen habe. Ich habe gedacht, das das nur alles vorgespielt war.
Konstantin Hummel, 15 Jahre
Tag 2 | 14|06|16 SS-Kasernen, Lager, Gedenkstein, Kleines Lager, Museum
Heute wurden wir in Gruppen eingeteilt. Ich und zwei andere haben uns für das Arbeiten in der Kunstwerkstatt entschieden. Wir hatten zahlreiche Angebote von Motiven aber auch viel Auswahl bei der Farbwahl. Ich habe mich für eine Bleistiftzeichnung entschieden. Man erkennt einen der Häftlinge in seiner Uniform, welcher eine Mütze trägt und die Hände in den Hosentaschen hat. Sein Gesicht in Buchenwald gestorben sind. Ich bin der Meinung, dass mein Bild interessant wirkt, da der Betrachter viel Interpretationsspielraum hat.
Katharina Fischer, 15 Jahre
Zu Beginn wurden wir alle in Gruppen geteilt. Zwei andere Mädchen und ich haben uns mit dem Thema Kunst beschäftigt. Als erstes sind wir in die Kunstausstellung „Buchenwald“ auf dem alten Lagergelände gegangen, um Inspirationen zu bekommen. Als wir uns diese angeschaut haben, sind wir in die Kunsträume in den Kellern gegangen und haben uns in Ordnern weitere, gemalte Bilder von Häftlingen angesehen. In einem der Ordner habe ich ein Bild gefunden, welches wie ich finde, gut passte. Anhand meines Bildes kann man drei Häftlinge erkennen, die in einem Baum aufgehängt worden sind. Gemalt habe ich mein Bild mit Bleistift und Kohle und mit Absicht nicht mit Farbe. Ich war der Meinung, dass es wie das Original in schwarz-weiß bleiben sollte.
Sarah Fallaschinski, 15 Jahre
Ich habe den Zaun gewählt, weil ich diesen am bedrückendsten fand. Durch meinen Gang alleine durchs Lager habe ich nochmal bemerkt, habe was für eine bedrohliche und zerstörende Rolle dieser Zaun spielt. Den Davidstern habe ich gewählt, weil die Religion bzw. Kategorisierung das einzige war, womit sich die Menschen identifizieren konnten.
Konstantin, 15 Jahre
Tag 3 | 15|06|16 Gedenkweg Buchenwaldbahn, Restauration, Archiv & Weimar-Besuch
Heute ging es wieder in die einzelnen Arbeitsgruppen: Die Restaurationswerkstatt, das Archiv, die Bibliothek und den Gedenkweg Buchenwaldbahn. Die archäologischen Ausgrabungen mussten wir aufgrund des aufgeweichten Bodens nach dem intensiven Regen bis auf Weiteres verschieben. Am frühen Nachmittag ging es das runter nach Weimar - sogar mit ein wenig Sonne im Gepäck!
Tag 4 | 15|06|16 Archäologie, Restauration, Museologie, Mahnmal
Am letzten Tag unserer Studienfahrt hatten wir noch die Möglichkeit, an der Halde 2 unterhalb des ehemaligen kleinen Lagers unter Anleitung archäologische Funde zu bergen, die anschließend in der Restaurationswerkstatt gesäubert, konserviert und archiviert werden. In unserer Bildergalerie kann man die Fundstücke sehen, die wir innerhalb dieser kurzen Zeit bergen konnten. Die exklusive Führung durch die große und eindrucksvolle Musikologie, in der tausende originale und teils hervorragend erhaltene Reliquien aus der KZ-Zeit lagern, rundete den Vormittag ab. Am Nachmittag ging es noch einmal in die Kleingruppen. Nach dem Abendessen folgte ein Gang zum Mahnmal, ein eindrucksvolles Relikt aus DDR-Zeiten, welches an den Widerstand im Lager erinnern soll und die Nationalitäten würdigt, die über die gesamte Zeit des Lagers dort inhaftiert und zu Tode gekommen sind.
Von der Autobahn aus konnte man schon den Gedenkturm von Buchenwald sehen. Als wir mit dem Bus auf den Parkplatz fuhren, wir danach essen gegangen und anschließend uns unsere Zimmer zugeteilt worden sind, wirkte alles noch sehr ruhig, gelassen und entspannt. Es wirkte so gar nicht wie ein KZ, es erinnerte eher an eine normale Jugendherberge. Ich denke, keiner von uns hat es am Anfang wirklich realisiert, dass wir schon auf unseren Zimmern zum Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald gehören. Man denkt, dass es eine stinknormale Jugendherberge ist. Es wirkt so, als beginne das KZ erst hinter dem Weg, am Anfang des ehemaligen Lagertors. Es ist jedoch bemerkenswert, wie die Sachen hier teilweise in einem guten Zustand sind, wenn man bedenkt, dass diese Gebäude mehrere Jahrzehnte alt sind. Zudem sind sie ja auch schnell und unter Druck gebaut worden und mussten deshalb oft restauriert werden. Wenn man das Tor sieht, bekommen meiner Meinung nach die “Bilder Farbe“. Ich persönlich kann mir dort (leider) sehr gut vorstellen, wie das hier früher alles abgelaufen sein muss. Jedoch glaube ich, dass der “schlimmste Teil“ für unsere Gruppe bereits am ersten Tag war, weil wir direkt am ersten Tag in den Folterstätten und in dem Krematorium waren.
Felix Wolinski, 16 Jahre
Heute bin ich ein weiteres Mal um das Konzentrationslager joggen gewesen. Gegen kurz vor 22:00 Uhr habe ich mich beim Einbruch der Dunkelheit auf den Weg gemacht. Zu Beginn konnte ich die noch erhaltenen Wachtürme am Rande sehen. Die Fenster waren zur Seite in Richtung Lager gerichtet. Es war ein ungewöhnlich beängstigendes Gefühl, die Strecke zu laufen. Mit häufigem Blick auf das Lager kam ich mir wie ein SS-Wachmann vor, der bei seinem Rundgang seinen Blick auf das KZ-Gelände richtete. Unterwegs auf meinem „Wachrundgang“ bzw. meiner Strecke, kam ich an der alten Kläranlage vorbei. Auch viele Jahre nach der Befreiung, war der beißende Geruch in der Luft. Ein Moment der Fassungslosigkeit traf mich. 70 Jahre später und der Geruch war nicht verflogen…
Das letzte Stück meiner Strecke ging ziemlich lange bergauf. Es war nicht steil, aber zeigte die lang anhaltende Wirkung. Ich lief zum Teil auf den alten Straßen, welche in und um das Lager herum waren. Die Straße raubte mir die letzte Kraft, auch wenn ich nicht unsportlich bin. Ich konnte durch meine Anstrengungen mir denken, wie es den Häftlingen in ihren Holzschuhen und mit mangelnder Ernährung ging, wenn sie auf diesen Straßen laufen mussten.
Rouven, 18 Jahre